Autorin: Elena Griepentrog
Ohne Gott fehlt nichts: Leben ohne Religion
Von den Zahlen her können sie mit den christlichen Kirchen bei weitem nicht mithalten, doch die Atheisten bzw. Menschen, die erklärtermaßen ohne Religion leben, bilden eine bunte und vielschichtige Szenerie. Auf der einen Seite organisieren sie sich in Verbänden: einige treten mild und tolerant auf, andere durchaus aggressiv.
Woran glauben Atheisten und Religionskritiker?
Es gibt Weltanschauungsgemeinschaften, die bewusst auf Rationalität setzen und einen hohen ethischen Anspruch haben. Die weitaus meisten Menschen, die keiner Religion angehören, sind jedoch nicht organisiert. Hier gibt es neben den bekennenden Atheisten auch viele Abstufungen, z.B. Menschen, die formal Kirchenmitglieder sind, aber nicht an Gott glauben. Oder Menschen, die an eine unbestimmte höhere Macht, an Wiedergeburt oder ein alles bestimmendes Schicksal glauben.
Welche Alternativen bieten die atheistischen und religionskritischen Verbände? Welche Gesellschaft stellen sie sich vor? An was glauben sie?
Sendung als Podcast
Download Funkkolleg Religion Macht Politik (05), MP3-Audioformat, 24:40 Min., 45.1 MB
Sendung in hr-iNFO: 01.12.2018, 11:30 Uhr
Zusatzmaterial
- Nicht-Religiöse, Atheisten, Konfessionslose in Deutschland
- Das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland
1. Nicht-Religiöse, Atheisten, Konfessionslose in Deutschland
Internetpräsenzen der in der Folge genannten Verbände:
Humanistischer Verband Deutschlands, online unter: http://www.humanismus.de/
Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten, online unter: https://www.ibka.org/de
Freireligiöse Gemeinde Berlin, online unter: http://www.freigeistig-berlin.de/
Giordano Bruno-Stiftung, online unter: https://www.giordano-bruno-stiftung.de/
Die Informationsseite des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes e.V. (REMID) bietet einen sehr guten Überblick über diverse Richtungen im Bereich der Konfessionslosen, Freireligiösen, Atheisten und anderen Weltanschauungen.
REMID: Mitgliederzahlen: Organisierte Konfessionsfreie, online unter: https://www.remid.de/info_zahlen/konfessionsfreie/
REMID: Von Agnostizismus bis Säkular: Eine Zusammenstellung zu nichtreligiösen Weltanschauungen, online unter: https://www.remid.de/blog/2018/11/von-agnostizismus-bis-saekular-eine-zusammenstellung-zu-nichtreligioesen-weltanschauungen/
Einen guten, knappen Überblick über den Atheismus von der Religionskritik der Aufklärung bis hin zum organisierten Atheismus seit dem 19. Jahrhundert gibt ein Handbuch-Artikel der Religionswissenschaftlerin Christel Gärtner:
Gärtner, Christel: Atheismus, in: Staatslexikon (Recht-Wirtschaft-Gesellschaft), herausgegeben von Görres-Gesellschaft und Herder Verlag, Freiburg u.a.: Herder. S. 430-434, online unter: https://repositorium.uni-muenster.de/document/miami/ce99706b-7bde-442f-83de-ce9b30bb7344/gaertner_2017_atheismus.pdf
Ein Artikel im Tagesspiegel diskutiert die Ergebnisse einer Umfrage von EMNID zu den religiösen – und nicht-religiösen! – Überzeugungen der Bevölkerung und fragt, welche Glaubens- und Wertvorstellungen Menschen haben, die keiner Konfession oder Religion angehören.
Uwe Lehnert: Was glaubt jemand, der nicht glaubt? Tagesspiegel, 14.10.2017, online unter: https://www.tagesspiegel.de/wissen/atheismus-heute-was-glaubt-jemand-der-nicht-glaubt/20443404.html
Die sogenannten „neuen Atheisten“ verfolgen recht offensiv einen anti-religiösen Kurs und gehen damit auch an die Öffentlichkeit. Während international Autoren wie Richard Dawkins vor großem Publikum neu-atheistische Positionen vertreten, ist in Deutschland vor allem die Giordano-Bruno-Stiftung mit ihrem Gründungsmitglied und Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon in der Öffentlichkeit bekannt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung (22.03.2009): Die Agenda des Neuen Atheismus, online unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/giordano-bruno-stiftung-die-agenda-des-neuen-atheismus-1926867.html
WDR 5 (11.05.2018): Ernüchternd? – der neue Atheismus, online unter: https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-das-philosophische-radio/audio-ernuechternd—der-neue-atheismus-100.html
2. Das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland
Einige der konfessionsfreien Gruppen und Organisationen, insbesondere aus der neu-atheistischen Richtung wie beispielsweise die Giordano Bruno-Stiftung, kritisieren die Verfasstheit des Verhältnisses von Staat und Religion in Deutschland – und zwar insbesondere, dass die beiden großen Kirchen im Vergleich zu anderen Weltanschauungen zu viel Einfluss auch auf gesellschaftliche und staatliche Entscheidungen und Institutionen hätten.
Der Politikwissenschaftler Ulrich Willems, der am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster forscht, hat in einer neuen Ausgabe der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ der Bundeszentrale für politische Bildung einige zentrale Herausforderungen für die Religionspolitik in Deutschland herausgearbeitet.
Insbesondere hebt er die Pluralisierung der religiösen Landschaft hervor, die dazu geführt habe, dass vor allem Muslime, aber auch Konfessionslose verstärkt eine angemessene Integration in die religionspolitische Ordnung fordern. Dabei geht es um so konkrete Dinge wie Bestattungsrituale oder Ernährungs- und Bekleidungsvorschriften. Doch die politischen Parteien behandeln die Religionspolitik als ein Stiefkind, was dazu führt, dass Privilegien für die großen Kirchen unreflektiert weiter gewährt werden, religiöse Minderheiten und Konfessionsfreie jedoch Nachteile hinnehmen müssen.
Willems, Ulrich (2018): Stiefkind Religionspolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft 28-29, online unter: http://www.bpb.de/apuz/272099/stiefkind-religionspolitik?p=0
Im selben Heft setzt der Staatskirchenrechtler Hans-Michael Heinig das Religionsrecht in Deutschland in einen historischen Kontext, um die gegenwärtigen Dynamiken und Herausforderungen besser zu verstehen:
Heinig, Hans Michael (2018): Staat und Religion in Deutschland. Historische und aktuelle Dynamiken im Religionsrecht, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft 28-29, online unter: http://www.bpb.de/apuz/272101/historische-und-aktuelle-dynamiken-im-religionsrecht
In den Medien wurden jüngst vor allem aktuelle Fälle diskutiert, in denen es um die Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts geht – beispielsweise, ob Wiederverheiratete noch bei kirchlichen katholischen Arbeitgebern beschäftigt sein können:
Deutschlandfunk (Tag für Tag, 12.09.2018): Kirchliches Arbeitsrecht vor dem EuGH. „Mir erscheint das Urteil ein bisschen undifferenziert“, online unter: https://www.deutschlandfunk.de/kirchliches-arbeitsrecht-vor-dem-eugh-mir-erscheint-das.886.de.html?dram:article_id=427879
Deutschlandfunk (Tag für Tag, 25.10.2018): Keine Konfession, keine Stelle bei der Diakonie – die Entscheidung, online unter: https://www.deutschlandfunk.de/urteil-zum-kirchlichen-arbeitsrecht-keine-konfession-keine.886.de.html?dram:article_id=431394
Eine wissenschaftliche Stellungnahme zu diesem Thema aus dem Deutschen Institut für Menschenrechte:
Müller, Sebastian (2015): Kirchliches Selbstbestimmungsrecht und individuelles Arbeitsrecht, Policy Paper, Deutsches Institut für Menschenrechte, online unter: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Policy_Paper/Policy_Paper_29_Kirchliches_Selbstbestimmungsrecht_und_individuelles_Arbeitsrecht.pdf